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Ping Pong Parkinson
Fotos: Andre Chrost, TTV Hervest

Ping Pong Parkinson

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Michael Polubinski

Horror pur: Ein Produktionsmeister aus Marl will bei idealen Bedingungen die Skipiste hinunterwedeln. Wie aus heiterem Himmel versagt ein Bein seinen Dienst. Mediziner diagnostizieren später Parkinson. Genau das ist Michael Baltus passiert.

Bis zum tragischen Erlebnis im Jahr 2014 verlebte der inzwischen 56-jährige mit Ehefrau Bea damals einen unbeschwerten Urlaub im österreichischen Hochsölden. Der Betroffene weiß heute natürlich, dass seine Krankheit unheilbar ist und sich Symptome lediglich verringern und Beschwerden allenfalls lindern lassen. Parallel zu Medikamenten und gesunder Ernährung wird genügend Bewegung empfohlen, soweit das aktuell gültige Mantra in der Parkinson-Behandlung.

Runter von der Couch

Der Sickingmühler entscheidet sich für Tischtennis. Studien zeigen: Die Beschäftigung mit der kleinen Plastikkugel verbessert Beweglichkeit und Koordination. Der Slogan „Runter von der Couch – ran an die Tische“ erspart Parkinsonkranken gleichzeitig drohende Selbstisolation, wenn man den Tipp befolgt, und zwar möglichst im frühen Stadium. Michael Baltus findet seine sportliche Heimat im benachbarten Dorsten. Der TTV Hervest bietet in seiner PingPong-Parkinson-Gruppe ein spezielles Training für diesen Personenkreis an.

Enorme Leistung

TTV-Geschäftsführer Marko Stepka berichtet: „Wir sind mit drei Leuten gestartet. Inzwischen ist die Gruppe auf 19 angewachsen. Unser Michael wird noch ein ganz Großer.“ Die Akzeptanz für die Parkinson-Aktivitäten hält er innerhalb des Vereins noch für ausbaufähig. Es bedeutet mehr Aufwand. Das Training ist individueller. „Wenn ein Spieler physisch oder mental mal schlecht drauf ist, muss ich mich spontan darauf einstellen“, so Trainerin Michaela Lücke. Oberste Ziele seien, dass die Kranken Spaß haben, glücklich sind und möglichst von ihrer Krankheit abgelenkt werden. „Ich ziehe den Hut vor den Spielerinnen und Spielern. Was die im Training und in Wettkämpfen leisten, ist enorm.“

Gold im Mixed

Michael Baltus ist sportliches Aushängeschild, weil außerordentlich erfolgreich. Nicht verwunderlich, denn: „Alles, was ich mache, ist von Ehrgeiz geprägt.“ So erringt er 2022 in Pula (Kroatien) eine Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften. Ein Jahr später dringt er in Österreich bis ins Achtelfinale vor. Jetzt im Mai ergattert er Gold im Mixed mit Angelika Krissmann in der Trostrunde bei der „German Open“. Er hofft, für die Weltmeisterschaft im Oktober in Slowenien nominiert zu werden. Parkinson-Sportler treten in unterschiedlichen Kategorien an, je nach dem Grad ihrer Beeinträchtigung. Wichtig ist für den Marler: „Wenn ich spiele, vergesse ich die Krankheit.“ Bislang hat er elf Bücher geschrieben, in einigen über seine Krankheit. Sein größter Wunsch: „Mein sportlicher Fortschritt soll schneller sein als der Fortgang der Krankheit.“

 

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