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Es gibt so viel zu entdecken!
Foto: Theater Marl

Es gibt so viel zu entdecken!

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Stefan Prott

Theaterchef Cornelius Demming über den Wert von „Live“.

Worin liegt die Faszination, Theater live auf der Bühne zu erleben?
In der Theaterwissenschaft nennt man das leibliche Kopräsenz: Man sitzt da, und im gleichen Moment zeigt mir jemand etwas auf der Bühne – ohne Verzögerung, ohne Medium dazwischen, so unmittelbar, dass ich selbst theoretisch dort hingehen und eingreifen könnte. Ich bin als Zuschauer Teil der Produktion. Und es gibt die stille Verabredung, dass ich mich für die Dauer der Aufführung zur Bühne ausrichte, mich still verhalte und nicht reinrufe. Zum anderen bin ich im Theater in meiner Wahrnehmung viel freier als im Kino oder Fernsehen, weil mir eben nicht durch den Schnitt vorgegeben wird, worauf ich zu achten habe. Es gibt auf der Bühne so viel zu entdecken, wohin ich meine Aufmerksamkeit lenken kann!

Kommt Live-Theater in Zeiten medialer Überflutung noch bei den Menschen an?
Da bin ich mir sicher: Man hat dem Theater schon oft eine Krise prophezeit, sei es im Zuge der Massen Sportereignisse in den 1930er Jahren oder durch den Aufstieg des Kinos und später des Fernsehens. Aber es gehen heute immer noch mehr Menschen ins Theater als in die Bundesligastadien.

Wie gut ist es gelungen, nach Corona das Publikum zurückzuholen?
Überraschend gut! Es hat natürlich gedauert, aber wir sind heute wieder da, wo wir waren: Wir verkaufen pro Jahr etwa 50.000 Karten, das entspricht einer Auslastung von 80 Prozent. Im vergangenen Herbst waren praktisch alle Veranstaltungen von Oktober bis Dezember komplett ausverkauft.

Wie erreichen Sie jüngere Theatergäste?
Kinder und Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe in unserem Programm – mit mindestens einem Stück pro Monat. Alle zwei Jahre bieten wir ein Weihnachtsmärchen an, zu dem fast alle Grundschulen der Stadt kommen – in diesem Jahr wird es „Robin Hood“. Da sind dann mehrere Tausende Kinder in acht Aufführungen. Rein mathematisch kann man sagen, dass jedes Kind, das in Marl lebt, dieses Theater schon mal besucht hat.

Wie macht man Theater für Kinder?
Wie Theater für Erwachsene, nur besser! Kinder sind ein ehrliches, aber anspruchsvolles Publikum. Wenn man Kinder als Zuschauer hat und das Stück gut gemacht ist, dann kann man sie für den Rest des Lebens für Theater begeistern. Kinder lassen sich verzaubern und mitnehmen in die Welt, die man da zeigt: Sie fühlen mit, fiebern mit und applaudieren, wenn es ihnen gefallen hat.

Zur Person

Cornelius Demming ist seit zehn Jahren Leiter des Theaters Marl. Der gebürtige Essener studierte Germanistik und Theaterwissenschaft an den Universitäten Bochum und Wien. Engagements als Autor, Dramaturg und Regisseur führten ihn an Theater in ganz Deutschland, darunter die Schauspielhäuser Bochum und Wuppertal, das Landestheater Dinslaken, die Theater Trier und Münster und die Freilichttbühne Billerbeck. Demming schreibt und inszeniert weiterhin selbst Stücke, so die Komödie „Schnaps!“, die im Januar als Eigenproduktion im Theater Marl zu sehen ist

Info
Theater Marl

Am Theater 1
45768 Marl

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