Markus Schaffrath scheidet aus dem Dienst der Stadt. Ein Rückblick und Ausblick.
Er kam nach Marl, weil er eine Herausforderung suchte. Das war 2014, und Markus Schaffrath, Architekt und Stadtplaner aus Aachen, hatte in Deutschland große Projekte geleitet, wie ein Stadtentwicklungskonzept für die Landeshauptstadt Mainz. Und dann Marl. Warum? „Mich hat es fasziniert, die Ideen der Stadtplaner aus den 50er und 60er Jahren, die eine funktionale Stadt nach Vorstellungen der klassischen Moderne erdacht haben, in die Jetzt-Zeit zu bringen.“ Gestartet ist er mit der Suche nach Mitte: Wie kann der Komplex aus Rathaus, Creiler Platz, Einkaufszentrum, City See und nahem Park zum lebendigen Zentrum weiterentwickelt werden? Die Ideen aus dem seinerzeit erarbeiteten „Handlungs-Konzept Stadtmitte“ prägten über ein Jahrzehnt die Entwicklung – bis heute. Hoffnung setzt der langjährige Planungsamtsleiter besonders in die Freiraumgestaltung am Creiler Platz und dem angrenzenden Friedenspark (siehe. S. 14-17). „Mehr Grün, mehr Veranstaltungen, multifunktionale Nutzungskonzepte“ sollen die Mitte beleben, wo der überdimensionierte, hochversiegelte Creiler Platz aktuell Menschen eher klein wirken lässt.
Und die Rathaus-Sanierung? „Ein finanzieller Kraftakt. Aber das wird einen unheimlichen Schub für die Identifikation geben, wenn es wieder eröffnet wird“, ist der 66-Jährige sicher. Schaffrath hat mit seinem 28-köpfigen Team Vieles mehr vorangetrieben, was in naher Zukunft fertig wird: Die Revitalisierung der Auguste-Victoria-Flächen für „gate.ruhr“, die überfällige Sanierung der Hülser Fußgängerzone, das Grimme-Quartier, den Bau von Kindergärten auf Erbpacht flächen, um die Kosten zu senken. Gefragt nach seinem Lieblingsprojekt, zögert Schaffrath keine Sekunde: „Marschall 66 ist mein Projekt“ – gefördert mit 11 Millionen und ausgezeichnet vom Bund als herausragendes „Nationales Projekt des Städtebaus“, was eine Art Ritterschlag für Stadtplaner bedeutet. Natürlich ist er nicht mit allem zufrieden. Der Wohnungsbau sei von ehemals 150 Einheiten pro Jahr heute fast zum Erliegen gekommen. Weil Flächen fehlen, weil Baukosten steigen – aber auch, weil Neubauprojekte immer häufiger auf Widerstand nach dem Prinzip „Not in my backyard“ stoßen. „Wir entwickeln uns leider zu einer Ich- Gesellschaft, in der die Einsicht in die Notwendigkeit öffentlicher Aufgaben verloren zu gehen droht“, sagt Schaffrath. „Da würde uns mehr Verständnis und weniger Egoismus guttun.“ Was er seinem Nachfolger Jonas Sonntag wünscht, der seit 1. Juni im Amt ist? „Immer den nötigen Respekt vor dem Gegenüber“ – denn bei der Stadt planung gelte: zuhören, die Perspektiven von Bürgern, Investoren, Politik und Fachleuten wahrnehmen und dann eine Lösung finden, die für alle tragbar ist.